Jean-Paul Sartre
Bereits 1999 inszenierte Martina Garstka mit der Theatergruppe Thespiskarren das Drama des existentialistischen Philosophen Sartre.
Die Geschichte ist (scheinbar) einfach: Sartre greift hier den antiken Tragödienstoff von Orest auf, der die Ermordung seines Vaters Agamemnon, König von Argos, rächt, indem er seine Mörder Ägist und Klytämnestra (Orests Mutter) umbringt.
In der Verkleidung eines Korinthers kommt Orest nach 15 Jahren Exil zurück in seine Geburtstadt Argos. Alle Bewohner der Stadt, die er auf seinem Weg trifft, verhalten sich abweisend und tragen schwarze Trauerkleidung. Überall in der Stadt wimmelt es von Fliegenschwärmen, die ein Symbol für die Gewissensbisse der Bewohner der Stadt darstellen sollen und die seit dem grausamen Mord an Agamemnon die Bevölkerung plagen.
Sartre benutzt Tragödie als stoffliche Grundlage für das aktuelle Thema der Entschlußfreiheit des Menschen. In dem unterdrückten und besetzten Frankreich wurden „Die Fliegen“ auch als Zeitstück, als ein Beitrag zur Bewältigung einer unerträglichen Wirklichkeit verstanden. Die Freiheit des Orest liegt in der Tat, die er zu begehen bereit ist, in der Verantwortung für etwas, was ihm wichtig wird.
Anders als 1999 verzichtet die Theatergruppe bei ihrer diesjährigen Inszenierung bewußt auf historische Kostüme und ein naturgetreues Bühnenbild.
Andere Aspekte standen diesmal im Vordergrund, so die Aktualität der im Theaterstück gestellten Fragen und auch die Problematik der Wahrheit. Denn wie war die Geschichte nun wirklich? Wem soll Orest glauben, wenn ihm von der Ermordung seines Vaters berichtet wird?
Jeder (seine Schwester Elektra, seine Mutter, Jupiter, das Volk) erzählt die Begebenheit etwas anders. Keine Geschichte ist wahr und doch lügt niemand.